Anspruchsvolle Zeit

17.03.2020

Liebe an Achtsamkeit Interessierte,

eigentlich war ich dabei, für diesen Blog über das Thema Grübeln zu schreiben. Auch wenn einen das Corona-Virus zum Grübeln bringen kann, kommt dieses Thema ein anderes Mal. Heute geht es darum, wie uns Achtsamkeit in dieser anspruchsvollen Zeit unterstützen kann.

Seit ein paar Tagen ist der gewohnter Alltag mehr und mehr weggebrochen. Die Situation ist für uns alle ganz neu. Wir haben nichts Vergleichbares erlebt. Die dauernden Neuigkeiten aus Radio, TV oder Internet sind fordernd. Unsicherheiten und die Einschnitte in unsere Routinen lassen uns nicht kalt. Stress, Angst und Sorgen können dadurch leicht aktiviert werden. 

  • Doch was tun, wenn ich mich ängstlich, hilflos oder meinen Gefühlen ausgeliefert fühle?
  • Wie kann ich gerade jetzt Achtsamkeit als Ressource leben?
  • Wie kann ich bewusst, wach und klar bleiben?

Vom Gesichtspunkt der Achtsamkeit geschieht alles im gegenwärtigen Moment. Der Fokus auf das Hier und Jetzt ist also entscheidend. 

Hier ein paar Ideen und Übungen:

Kurzmeditation

Bei Angst, Stress, sorgenvollen Gedanken oder Unruhe sind Kurzmeditationen hilfreich wie „STOP“ oder „Atem-Raum“ aus dem MBSR-Kurs.  

  1. Erste Anzeichen von Angst oder Stress erkennen: Bemerken, wenn Angst aktiviert wird wie etwa durch Nachrichten, Gespräche oder Gedanken.
  2. Innehalten und sich bewusst werden: Was erlebe ich gerade? Welche körperlichen Empfindungen sind da? Welche Gedanken und welche Gefühle? Wo genau im Körper sind die Gefühle spürbar? Sich sanft dem zuwenden, was gerade da ist. Alles so sein lassen, wie es gerade ist. Auch dem Ungewollten Raum geben. Nicht, weil Du es magst, sondern weil es sowieso schon da ist. 
  3. Die Aufmerksamkeit auf den Atem lenken: Jedes Ein- und Ausatmen ganz bewusst wahrnehmen. Dieser Atem-Anker hilft, sich in den gegenwärtigen Moment zu bringen und sich zu stabilisieren. Der Atem kann Dich beruhigen. 
  4. Das Feld der Aufmerksamkeit auf den Körper als Ganzes ausweiten: Die Körperhaltung und den Gesichtsausdruck wahrnehmen. Dann die Aufmerksamkeit auf Gedanken und Gefühle erweitern. Eine tröstliche und zuversichtliche Haltung einnehmen. 
  5. Die Aufmerksamkeit auf etwas richten, das nährt und gut tut.

Ein Hinweis: Der eigentliche Zweck solcher Kurzmeditationen ist es, ganz im Augenblick zu sein. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sich Empfindungen, Gedanken oder Gefühle ändern. Du machst trotzdem alles richtig. Es geht nur darum, das Bewusstsein auf das Hier und Jetzt zu lenken. Nicht darum, etwas zu verändern.

2 Füße, 1 Atemzug

An dieser Stelle auch noch eine ganz kurze Achtsamkeitsübung: 
Zuerst einen Fuß spüren.
Dann den anderen Fuß spüren. 
Und schließlich einen ganz bewussten Atemzug nehmen. 

Die Kraft der Meditation

Vielleicht gibt es gerade Zeit für achtsames Yoga, eine Geh-Meditation, einen Body-Scan oder eine Sitz-Meditation. Eine Atem-Meditation zum Kennenlernen gibt es auf meiner Website unter Inhalte und Ablauf. Denn die formelle Meditation ist das Fundament. Sie hilft auch, sich von einer Stressreaktion schneller zu erholen. Aber auch informelle Meditationen wie achtsames Essen oder Duschen sind Möglichkeiten, um immer wieder ganz im Moment zu sein.

Berg-Meditation

Ehemalige MBSR-Kursteilnehmer kennen die Berg-Meditation vom Tag der Stille. Ich habe diese Meditation aufgenommen. Die Berg-Meditation gibt es ganz unten auf der Seite MBSR.

„Forever – is composed of nows.“ – „Ewigkeit entsteht aus Augenblicken des Jetzt.“

Emily Dickinson, Lyrikerin

Buch-Tipp: „Der Angst den Schrecken nehmen – Achtsamkeit als Weg zur Befreiung von Ängsten“

Dieses Buch ist für alle, die Angst im Leben haben. Zu Angst und Panik kommt es oft durch Angst erzeugende Gedanken oder Einstellungen. Der Autor Jeffrey Brantley beschreibt einfühlsam, wie man mit Angst, Panik und geistiger Unruhe achtsam umgehen kann. 

Angst ist eine Konstellation von gewohnheitsmäßigen Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen, denen man eine Macht über das eigene Leben gewährt, die sie sonst nicht hätten. Die angstvolle Voreingenommenheit des Geistes kann frustrierend und qualvoll sein. Hinter vielen Dingen, die wir tun wollen, aber erst gar nicht erst versuchen, kann sich Angst verbergen. Angst kann die Richtung und den Radius des Lebens bewusst und unbewusst bestimmen. Dr. Brantley zeigt, dass Angst nicht einschränkend sein muss. Es geht aber nicht darum, die Angst zu beseitigen. Es geht darum, durch Achtsamkeit ganz mit ihr vertraut zu werden. 

Auch Angehörige von Gesundheitsberufen, die Patienten und Klienten bei dem Thema Angst begleiten, finden in dem Buch nützliche Informationen. Jeffrey Brantley ist Facharzt für Psychiatrie und Berater in der Abteilung für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften am Duke Medical Center. Er ist auch MBSR-Lehrer und praktiziert Achtsamkeitsmeditation. Buch-Infos: Brantley, Jeffrey: Der Angst den Schrecken nehmen. Achtsamkeit als Weg zur Befreiung von Ängsten. Arbor Verlag, 256 Seiten, ISBN 9783867810197

Tipps aus der Psychologie: Gut gegen Quarantäne-Stress

Gerade bin ich auf ORF.at über diese Tipps gegen Quarantäne-Stress gestolpert: https://science.orf.at/stories/3200243/

Bis auf Weiteres finden keine Übungsabende, Infoabende oder Kurse statt. Ich bin aber telefonisch und via E-Mail erreichbar.

Herzliche Grüße und viel Kraft

Brigitte
Mag. Brigitte Wegscheider | Letztes Update am 17.03.2020